Angehörige spielen eine fundamental wichtige Rolle im Leben psychisch kranker Menschen, da sie Hilfestellungen auf verschiedenen Ebenen leisten können:
Erstens stellen sie eine emotionale Stütze dar. Psychische Erkrankungen gehen oft mit intensiven emotionalen Herausforderungen einher und das Verständnis, die Liebe und die Unterstützung der Angehörigen sind für die psychische Stabilität der Betroffenen essenziell.
Zweitens helfen Angehörige dabei die soziale Isolation zu überwinden. Psychische Erkrankungen können zu einem Rückzug aus dem sozialen Umfeld führen, was das Gefühl der Einsamkeit verstärkt. Angehörige spielen eine aktive Rolle bei der Integration psychisch kranker Menschen in soziale Aktivitäten, wodurch sie nicht nur ihre Lebensqualität verbessern, sondern auch das Gefühl der Verbundenheit fördern.
Drittens fördern Angehörige den Zugang zu professioneller Hilfe. In vielen Fällen zögern Menschen mit psychischen Erkrankungen professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Hier treten Angehörige als Vermittler auf, ermutigen therapeutische Hilfe zu suchen und unterstützen bei diesem Prozess.
Viertens bieten Angehörige praktische Unterstützung im Alltag. Psychische Erkrankungen können den Alltag erheblich beeinträchtigen und Angehörige spielen eine wesentliche Rolle bei der Organisation des Haushalts oder administrativen Aufgaben.
Fünftens sind Angehörige oft Schlüsselakteure bei der Reduktion von Stigma. Psychische Erkrankungen sind nach wie vor von gesellschaftlichen Vorurteilen begleitet. Durch ihre Bereitschaft offen über mentale Gesundheit zu sprechen und falsche Annahmen zu korrigieren, tragen Angehörige dazu bei das Bewusstsein zu schärfen und das Stigma zu brechen.
Das Umfeld kann auch eine Rolle bei der Prävention von psychischen Erkrankungen und der Früherkennung spielen. Eine aufmerksame, unterstützende Umgebung kann Veränderungen im Verhalten oder der Stimmung frühzeitig erkennen und dazu beitragen rechtzeitig Hilfe zu suchen.
Nun sollte deutlich geworden sein wie viel Angehörige für Betroffene tun können. Doch wie genau sieht diese Hilfe jetzt aus bzw. was erhoffen sich die Betroffenen wirklich von Ihren Angehörigen? Die Antwort darauf ist natürlich sehr individuell! Folgende Faktoren sind jedoch für eine Vielzahl von Krankheitsbildern und Personen hilfreich:
Verständnis und Empathie
Betroffene sehnen sich danach, dass ihre Angehörigen die Komplexität ihrer psychischen Herausforderungen begreifen. Ein offenes Ohr ohne Vorurteile kann den ersten Schritt zu einer tieferen Verbindung und auf dem Weg zur Genesung sein.
Offene Kommunikation
Betroffene wünschen sich, dass ihre Angehörigen bereit sind offen über die Erkrankung zu sprechen. Eine klare Kommunikation ermöglicht es Unsicherheiten abzubauen, Ängste zu teilen und gemeinsam Lösungen zu finden.
Unterstützung ohne Vorurteile
Betroffene möchten, dass ihre Angehörigen verstehen, dass es sich nicht um eine Schwäche handelt, sondern um eine Krankheit. Die bedingungslose Unterstützung der Familie kann einen erheblichen Einfluss auf das Selbstwertgefühl und damit den Heilungsprozess haben.
Gemeinsame Aktivitäten
Gemeinsame Aktivitäten können nicht nur als Ablenkung dienen, sondern auch positive Erlebnisse schaffen. Angehörige können durch gemeinsame Unternehmungen zeigen, dass sie auch in schwierigen Zeiten zusammenstehen und den Betroffenen etwas Normalität ermöglichen.
Geduld und Verständnis für Grenzen
Betroffene wünschen sich von ihren Angehörigen Geduld und Verständnis für die Höhen und Tiefen, die dieser Weg mit sich bringt. Respektieren von individuellen Grenzen und das Ermöglichen von Selbstfürsorge sind hierbei entscheidende Elemente.
Es ist nochmal wichtig zu betonen, dass die Bedürfnisse und Wünsche von Menschen mit psychischen Erkrankungen variieren können. Es gibt jedoch einige allgemeine Aspekte, die häufig dafür sorgen, dass sich Betroffene von ihren Angehörigen distanzieren:
Ungebetene Ratschläge und Beurteilungen
Angehörige sollten vermeiden vorschnelle Lösungen anzubieten oder die Situation aus einer vereinfachten Perspektive zu beurteilen. Stattdessen ist einfühlsames Zuhören hilfreicher.
Bagatellisierung der Erkrankung
Angehörige sollten vermeiden die Schwere der Erkrankung herunterzuspielen oder Aussagen wie „Das wird schon wieder“ zu verwenden. Dies kann das Gefühl des sich unterstützt und verstanden Fühlens beeinträchtigen.
Druck zur schnellen Genesung
Es ist wichtig zu verstehen, dass der Heilungsprozess bei psychischen Erkrankungen Zeit in Anspruch nimmt. Betroffene wünschen sich daher oft, dass ihre Angehörigen keinen Druck auf sie ausüben sich schnell zu erholen.
Übermäßiges Engagement ohne Absprache
Obwohl Unterstützung wichtig ist, möchten Betroffene oft nicht, dass ihre Angehörigen sich ohne Absprache in ihre Therapie oder Behandlungspläne einmischen. Übermäßiges Engagement, ohne die Bedürfnisse und Wünsche der Betroffenen zu berücksichtigen, kann zu Konflikten führen.
Unangemessene Vergleiche
Vergleiche mit anderen Personen, die vermeintlich ähnliche Herausforderungen gemeistert haben, können für Betroffene frustrierend sein. Ebenso sollten Angehörige vermeiden die Erkrankung zu verharmlosen, indem sie beispielsweise sagen, dass es anderen viel schlechter geht.
Die Einbeziehung von Angehörigen in die psychische Behandlung kann eine komplexe Angelegenheit sein und es gibt verschiedene Gründe, warum jemand möglicherweise zögert oder sich dagegen entscheidet. Wenn Ihr Angehöriger nicht möchte, dass Sie in seine Behandlung einbezogen werden, ist es wichtig, dies zu respektieren. Es folgen mögliche Ursachen und Vorschläge, wie Sie damit umgehen können.
Wahren der Privatsphäre:
Ihr Angehöriger könnte Bedenken hinsichtlich der Privatsphäre und persönlichen Grenzen haben. Psychische Erkrankungen können sehr persönlich sein und manche Menschen bevorzugen es, ihre Erfahrungen nur mit Fachleuten zu teilen.
Tipp: Zeigen Sie Verständnis dafür, dass die Entscheidung, Informationen zurückzuhalten, die Art ihres Angehörigen ist mit der Situation umzugehen.
Autonomie und Selbstbestimmung:
Manche Menschen möchten ihre psychische Gesundheit eigenständig managen und fühlen sich wohler, wenn sie die Kontrolle über ihre Behandlung behalten. Sie könnten befürchten, dass die Einbeziehung von Angehörigen ihre Autonomie beeinträchtigt.
Tipp: Betonen Sie die Wertschätzung für die Autonomie Ihres Angehörigen und zeigen Sie, dass Sie bereit sind seine Entscheidungen zu respektieren. Bieten Sie an als unterstützende Person zur Verfügung zu stehen, falls sich die Meinung ändert.
Scham und Stigma:
Schamgefühle und das Stigma im Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen können dazu führen, dass Menschen ihre Erfahrungen lieber für sich behalten. Sie könnten befürchten, dass die Einbindung von Angehörigen zu einem zusätzlichen Stigma führen könnte.
Tipp: Betonen Sie Ihr Verständnis für die Stigmatisierung von psychischen Erkrankungen und versichern Sie Ihrem Angehörigen, dass Ihre Absicht darin besteht unterstützend und nicht urteilend zu sein.
Vergangenheitsbezogene Bedenken:
Es ist möglich, dass Ihr Angehöriger negative Erfahrungen in der Vergangenheit gemacht hat, wenn Angehörige in die Behandlung einbezogen wurden. Diese Erfahrungen könnten zu Vorbehalten gegenüber einer erneuten Einbeziehung führen.
Tipp: Sprechen Sie offen über diese Bedenken, um ein Verständnis für die Hintergründe zu entwickeln. Zeigen Sie, dass Sie bereit sind auf die Wünsche und Bedenken Ihres Angehörigen einzugehen.
Wenn Ihr Angehöriger jedoch akut gefährdet ist oder Sie ernsthafte Bedenken hinsichtlich seiner Sicherheit haben, könnte es notwendig sein professionelle Hilfe zu suchen, auch wenn Ihr Angehöriger dies nicht möchte. In solchen Fällen kann es hilfreich sein sich an Fachleute im Gesundheitswesen zu wenden, um Ratschläge und Unterstützung zu erhalten.
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