Richtig Grenzen setzen: Ein Weg zu mehr Selbstachtung und Wohlbefinden

In unserem hektischen Alltag, geprägt von ständiger Erreichbarkeit und vielen Verpflichtungen, vergessen wir oft das Wichtigste: uns selbst. Das Setzen von klaren und gesunden Grenzen ist ein essentieller Schritt, um unsere physische und psychische Gesundheit zu schützen, unsere Beziehungen zu stärken und ein erfülltes Leben zu führen.

Warum sind Grenzen so wichtig?

Grenzen sind wie unsichtbare Linien, die bestimmen, wie viel Zeit, Energie und Aufmerksamkeit wir anderen Menschen und Aktivitäten widmen. Sie ermöglicht uns, unsere eigenen Bedürfnisse zu erkennen und zu erfüllen, ohne dabei von äußeren Einflüssen überwältigt zu werden. Es hilft ein Gleichgewicht zwischen unseren eigenen Anliegen und den Erwartungen anderer zu finden. Weitere wichtige Gründe, warum Grenzen so bedeutsam sind, sind folgende:

Selbstachtung und Selbstwertgefühl: Indem wir Grenzen setzen, signalisieren wir uns selbst und anderen, dass unsere Bedürfnisse, Wünsche und Grenzen respektiert werden sollen. Dies trägt dazu bei, unser Selbstwertgefühl zu stärken und Selbstvertrauen aufzubauen.

Selbstfürsorge: Grenzen sind ein wesentlicher Bestandteil der Selbstfürsorge. Sie helfen uns dabei, unsere eigene physische und emotionale Gesundheit zu schützen, indem sie uns davor bewahren, übermäßig gestresst, überlastet oder ausgelaugt zu werden.

Vermeidung von Ausbeutung: Ohne angemessene Grenzen können wir uns leicht in Situationen wiederfinden, in denen andere unsere Zeit, Energie oder Ressourcen ausnutzen. Grenzen schützen uns vor Ausbeutung und Missbrauch.

Stärkere Beziehungen: Klare und gesunde Grenzen sind ein wesentlicher Bestandteil gesunder zwischenmenschlicher Beziehungen. Sie fördern Kommunikation, Verständnis und Respekt, da alle Beteiligten wissen, was erwartet wird.

Stressbewältigung: Grenzen setzen hilft Stress zu reduzieren, da es uns erlaubt, Prioritäten zu setzen und uns vor übermäßigen Anforderungen zu schützen. Dies ermöglicht uns, uns auf die Dinge zu konzentrieren, die wirklich wichtig sind.

Persönliche Entfaltung: Indem wir klare Grenzen setzen, schaffen wir Raum für unsere persönliche Entfaltung und Wachstum. Wir können uns auf unsere Ziele und Interessen konzentrieren, anstatt uns in Dinge zu verwickeln, die uns nicht unterstützen.

Schutz der eigenen Werte: Grenzen helfen uns dabei unsere eigenen Prinzipien zu schützen. Sie ermöglichen eine Distanz von Situationen oder Menschen, die unseren Überzeugungen widersprechen.

Klare Kommunikation: Das Setzen von Grenzen erfordert Kommunikation. Es hilft uns, unsere Bedürfnisse und Erwartungen klar auszudrücken und trägt so zu einem besseren zwischenmenschlichen Kontakt bei.

Erhaltung von Freiheit und Autonomie: Grenzen geben uns die Freiheit Entscheidungen zu treffen und das Leben nach unseren eigenen Vorstellungen zu gestalten. Sie schützen unsere Autonomie und unser Recht, unser Leben selbst zu bestimmen.

Zusammenfassend sind Grenzen also nicht nur ein Mittel zur Abgrenzung, sondern vielmehr ein Instrument zur Förderung unserer Gesundheit, unserer Beziehungen und unserer persönlichen Entfaltung. Sie ermöglichen es uns in Harmonie mit uns selbst und anderen zu leben sowie ein erfülltes Leben zu führen.

Die Angst vor Ablehnung überwinden

Einer der Gründe, warum wir oft zögern Grenzen zu ziehen, ist die Angst vor Ablehnung oder Konflikten. Wir möchten anderen gefallen und fürchten, dass das Setzen von Grenzen zu Unverständnis oder Ablehnung führt. Doch es ist wichtig zu verstehen, dass gesunde Beziehungen auf Respekt und Kommunikation beruhen. Indem wir unsere Grenzen klar kommunizieren, schaffen wir die Grundlage für respektvolle Interaktionen und schützen unsere eigene Würde.

Schritt für Schritt Grenzen setzen

Grenzen zu setzen kann und muss nicht von heute auf morgen passieren und schon gar nicht einfach sein. Nachfolgende Maßnahmen können helfen allmählich für sich einzustehen:

Selbstreflexion: Überlegen Sie welche Aktivitäten, Menschen oder Situationen Ihnen Energie rauben oder Sie überfordern. Identifizieren Sie, was Sie wirklich brauchen, um sich wohl und ausgeglichen zu fühlen.

Klare Kommunikation: Drücken Sie Ihre Grenzen auf eine klare, aber respektvolle Weise aus. Verwenden Sie „Ich“-Aussagen, um Ihre Bedürfnisse und Wünsche zu kommunizieren, anstatt andere zu beschuldigen.

Standhaft bleiben: Es ist normal, dass manche Menschen versuchen Ihre Grenzen zu überschreiten. Bleiben Sie standhaft und erklären ruhig, warum diese Grenzen wichtig für Sie sind.

Prioritäten setzen: Lernen Sie „Nein“ zu sagen, wenn Sie bereits genug Verpflichtungen haben oder wenn eine Anfrage nicht mit Ihren Zielen und Werten in Einklang steht.

Grenzen respektieren: Wenn Sie Grenzen von anderen Menschen erkennen, respektieren Sie sie genauso, wie Sie es für sich selbst erwarten.

Fallbeispiel: Richtig Grenzen setzen im Arbeitsumfeld

Frau P. arbeitet in einem hektischen Büro, das von ständigen Fristen, Projektarbeit und Teamarbeit geprägt ist. In den letzten Monaten hat sie gemerkt, dass ihre Arbeit sie überfordert und sie kaum Zeit für sich selbst oder ihre Familie hat. Sie beschließt Grenzen zu setzen, um ihre psychische und physische Gesundheit zu schützen.

Schritt 1: Selbstreflexion

Frau P. nimmt sich Zeit, um über ihre aktuellen Arbeitsbedingungen und ihre eigenen Bedürfnisse nachzudenken. Sie erkennt, dass sie Überstunden macht, ständig erreichbar ist und oft Arbeit mit nach Hause nimmt. Das hat zu Stress, Schlafproblemen und einem Gefühl der Überlastung geführt.

Schritt 2: Klare Kommunikation

Frau P. plant ein Gespräch mit ihrem Vorgesetzten. Sie erklärt ruhig und respektvoll, wie die Arbeitssituation sie belastet und dass sie das Gefühl hat, ihre eigenen Grenzen überschritten zu haben. Sie betont, dass sie immer noch engagiert ist, aber bessere Möglichkeiten finden möchte, um ihre Arbeit effektiv zu erledigen ohne ihre Gesundheit zu gefährden.

Schritt 3: Standhaft bleiben

Der Vorgesetzte zeigt Verständnis für die Situation von Frau P. und schlägt vor gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Er bietet an die Arbeitslast besser zu verteilen und klare Kommunikationsrichtlinien festzulegen, um die ständige Erreichbarkeit zu reduzieren. Frau P. bleibt bei ihrem Wunsch nach Veränderung standhaft und betont, dass sie bereit ist, Verantwortung zu übernehmen, jedoch innerhalb realistischer Grenzen.

Schritt 4: Prioritäten setzen

Frau P. lernt „Nein“ zu sagen, wenn zusätzliche Aufgaben auftauchen, die außerhalb ihres Arbeitsbereichs liegen oder ihr machbares Aufgabenkontingent überschreiten würden. Sie erklärt höflich, dass sie ihre derzeitigen Aufgaben priorisieren muss, um effektiv arbeiten zu können.

Schritt 5: Konsequente Umsetzung

Frau P. setzt die neuen Vereinbarungen mit ihrem Vorgesetzten um. Sie legt regelmäßig Pausen während des Arbeitstages ein, achtet darauf Überstunden zu begrenzen und setzt Grenzen für ihre Verfügbarkeit außerhalb der Arbeitszeiten. Sie nutzt die gewonnene Zeit für Erholung, Hobbys und Zeit mit ihrer Familie.

Nach einigen Wochen bemerkt Frau P. eine positive Veränderung in ihrer Arbeitsweise und ihrer mentalen Verfassung. Sie fühlt sich weniger gestresst, hat mehr Energie und genießt eine bessere Work-Life-Balance. Das Setzen von klaren Grenzen hat ihr geholfen, ihre Selbstachtung zu stärken und ihr Wohlbefinden zu verbessern, ohne ihre beruflichen Ziele zu gefährden.

Quellenangaben
  • Cloud, Henry & Townsend, John Sims: Grenzen setzen – Beziehungen bauen: so lösen Sie zwischenmenschliche Konflikte ganz praktisch. Aßlar, 2005.
  • Mierke, Katja & Van Amern, Elsa: Klare Ziele, klare Grenzen: Teamorientiert Nein-Sagen und Delegieren in der Arbeitswelt 4.0. Berlin, 2018.
  • Ruffer, Gisela & Ruffer, Herbert: Selbstbewusst NEIN sagen: Grenzen setzen – Grenzen achten. Paderborn, 2019.

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Vanessa Graßnickel
Chefärztin, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Vanessa Graßnickel
Dr. med. Vanessa Graßnickel ist eine anerkannte Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. Nach langjähriger Tätigkeit als Oberärztin übernahm sie 2024 die Position als Chefärztin der LIMES Schlossklinik Fürstenhof in Bad Brückenau. Dr. Graßnickel spezialisiert sich auf verhaltenstherapeutisch basierte Behandlungen und Suchtmedizin, fundiert durch ihr Medizinstudium an der Ruhr-Universität Bochum und einer umfangreichen fachärztlichen Ausbildung an der Universitätsklinik für Psychiatrie in Bochum. In ihrer Rolle als Chefärztin verbindet Dr. Graßnickel modernste diagnostische und therapeutische Methoden mit einer empathischen, respektvollen Patientenbetreuung sowie maßgeschneiderten Therapieplänen.

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