Aufregung, Nervosität, innere Unruhe – hat nicht jeder ein bisschen Lampenfieber vor Prüfungen?! Die meisten Menschen würden dies sicher bejahen. Und das ist ganz natürlich und auch wichtig um in entscheidenden Momenten Höchstleistungen abrufen zu können! Doch richtige Prüfungsangst nimmt nochmal ganz andere Dimensionen an, versetzt den Körper in eine Art Überlebensmodus und kann im schlimmsten Fall zu einer ernsten psychischen Krise führen.
Wichtig: Prüfungsangst ist keine Seltenheit! Etwa 15 Prozent aller Erwachsenen leiden unter Prüfungsangst, bei Kindern und Jugendlichen sind es sogar bis zu 22 Prozent.
Wenn wir von Prüfungsangst sprechen, meint das die Angst vor der Beurteilung der eigenen Leistung sowie dem Versagen in einer Prüfungssituation. Dabei kann es sowohl die Situation selbst sein, die Angst macht, die Vorbereitung darauf oder auch die anwesenden Prüfer. Das wohl schlimmste Szenario ist für Menschen mit Prüfungsangst der sogenannte „Blackout“, ein Zustand in dem die Angst so groß ist, dass alles Gelernte nicht mehr abrufbar ist. Folgende Anzeichen weisen auf eine solche Angst hin:
Für unseren gesamten Körper ist die Prüfungssituation eine Bedrohung, auf die er sich vorbereitet um entsprechend reagieren zu können. Er schüttet Stresshormone wie Adrenalin aus, schärft alle Sinne und reguliert die Verdauung runter. Damit wird klar, wie massiv unser gesamter Organismus unter Stress steht und warum uns im schlimmsten Fall im entscheidenden Moment rein gar nichts mehr einfällt.
„Ich werde das niemals schaffen!“, „Wo soll ich nur anfangen?!“, „Ich drehe durch, wenn ich mir die Prüfungssituation nur vorstelle!“. Alles Gedanken, die Menschen mit Prüfungsangst ununterbrochen durch den Kopf gehen können. Bei vielen fängt das Gedankenkarussell tatsächlich schon bei der Bekanntgabe des Prüfungstermins statt, auch wenn dieser noch Wochen oder Monate entfernt liegt. Das Resultat sind nicht selten die folgenden zwei Phänomene:
Prokrastination: Alle Situationen, die mit der Prüfung oder Vorbereitung auf diese zu tun haben, werden vermieden. Statt sich mit dem Stoff zu beschäftigen muss noch dringend der Haushalt erledigt werden oder es wird sich mit anderen Tätigkeiten, wie Verabredungen mit Freunden, abgelenkt.
Aktionismus: Die andere Seite der Medaille ist das übermäßige, oft unstrukturierte Lernen vor lauter Panik. Betroffene Personen haben das Gefühl sie können sich keiner anderen Tätigkeit mehr vor der Prüfung widmen, um nicht durchzufallen oder sich hinterher vorwerfen zu können, nicht genug getan zu haben.
Während der Prüfungsvorbereitung können sich auch beide Verhaltensweisen abwechseln und für einen enorm hohen Leidensdruck sorgen, der sich auf jegliche Lebensbereiche auswirken kann.
Wie so oft ist es ein bunter Blumenstrauß aus Möglichkeiten, der das Entstehen einer Angst begünstigen kann.
Am häufigsten verantwortlich für die starke Angst sind frühere schlechte Erfahrungen in Prüfungssituationen und hohe Erwartungen an sich selber, sowie Erwartungen vom Umfeld. Situationen, in denen man anderen nicht gerecht werden konnte und vielleicht sogar dafür bestraft wurde sorgen für Selbstzweifel und schüren die Annahme zu Versagen. Sogar negative Berichte von Anderen und eine verstärkte Selbstaufmerksamkeit können die Angst vor Prüfungen begünstigen.
All das sind die Auslöser, die der Prüfungsangst irgendwann eine Eigendynamik verleihen und sie nicht mehr kontrollierbar erscheinen lassen. Die Vorbereitung auf eine Prüfung fällt einem immer schwerer, was wiederum die Panik steigen lässt und schlussendlich zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung des Scheiterns führen kann – was dann wiederum bestätigt, dass man es in keinem Fall schaffen konnte.
Um der Prüfungsangst den Kampf anzusagen, lohnt es sich zunächst folgende Punkte zu beachten und umzusetzen:
1. Einen strukturierten Lernplan erstellen
Ein solcher Lernplan kann, gerade zu Beginn der Vorbereitung, ein ganzes Stück Sicherheit und das Gefühl geben die Unmengen an Lernstoff unter Kontrolle zu haben. Es kann helfen diesen in kleine Häppchen zu unterteilen und sich (realistische) Zwischenlernziele in der Vorbereitungszeit zu setzen. Vielen Menschen helfen konkrete Tage und Uhrzeiten, an denen sie sich das Lernen in den Kalender eintragen. Auch noch wichtig: Früh genug anfangen!
2. Keine Scheu vor Unterstützung
Es ist ganz normal, dass man nicht auf Anhieb alles an Lernstoff versteht und es kann aus diesem Grund eine große Entlastung sein, sich Hilfe von Mitschülern, anderen Studierenden, Kollegen oder Nachhilfelehrern zu holen. Auch lernt nicht jeder gerne alleine. Verabredungen zum gemeinsamen Lernen schafft nicht nur mentalen Beistand, sondern auch Verbindlichkeit. Vorsicht: Nicht von anderen verunsichern lassen, wenn sie mehr lernen oder weiter sind – jeder hat sein eigenes Tempo!
3. „Worst Case Szenario“ durchspielen
Manchmal kann vor einer Prüfung helfen, das Schlimmste, was passieren kann, einmal durchzuspielen. Was ist, wenn man durch die Prüfung fällt oder einem plötzlich nichts mehr einfällt? Welche Hilfsstrategie kann man sich in einer solchen Situation bereitlegen? Ist es wirklich eine solche Katastrophe, wenn man durchfällt oder kann die Prüfung wiederholt werden? Es kann helfen, sich die Folgen eines „Scheiterns“ nochmal rational vor Augen zu führen und die Angst realistisch einzuordnen. Bei einem Blackout: Tief Durchatmen und ehrlich sein. Die Frage vielleicht wiederholen lassen, um eine andere Bitten oder wenn es innerhalb einer schriftlichen Prüfung passiert, erst eine andere Aufgabe bearbeiten.
4. Prüfungssituation nachspielen
Wenn man am Prüfungstag selber das erste Mal in der gefürchteten Situation steht, kann das ganz schön überfordernd sein. Es kann helfen die Prüfung, vielleicht sogar am gleichen Ort, vorab schon mal mit Freunden oder der Familie durchzuspielen. Gerade wenn in einer mündlichen Prüfung frei gesprochen werden muss, kann so mehr Sicherheit für das Präsentieren vor Publikum geschaffen werden.
5. Bewusst Pausen machen
Niemand kann ununterbrochen Lernen ohne dabei völlig überlastet zu sein. Auch mal den Kopf in stressigen Prüfungszeiten mit anderen Dingen zu befüllen, kann Wunder bewirken. Ob es ein Kinobesuch ist, ein Treffen mit Freunden oder eine Auszeit in der Therme. In den Pausen tanken wir auf und sammeln neue Energie weitere effiziente Lerneinheiten.
6. Entspannungsverfahren
Um der Anspannung entgegenzuwirken eignet sich nichts besser, als bewusste Entspannung. Hierfür gibt es ganz verschiedene Verfahren wie Yoga, progressive Muskelentspannung oder Meditation. Auch kann bewusstes Atmen oder eine kurze Meditation vor einer Prüfung Wunder bewirken. Forscher haben schon lange bewiesen, dass Personen, die regelmäßig meditieren über bessere kognitive Fähigkeiten verfügen.
Wenn all diese Tipps nicht helfen, ist es sinnvoll sich Hilfe von außen zu suchen. Ob es bei Mitarbeitenden vom Studierendenwerk in der Universität, dem Vertrauenslehrer in der Schule oder auch einem ausgebildeten Therapeuten ist – Es ist besser sich frühzeitig Hilfe zu suchen bevor die Angst so stark ist, dass sie zu psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder einer generalisierten Angststörung führt.
Kategorien: Angststörungen