Psychische Gesundheit von Führungskräften als Schlüssel zum Erfolg

Führungskräfte stehen in der heutigen, schnelllebigen Arbeitswelt unter enormem Druck. Ihre Entscheidungen beeinflussen nicht nur den Erfolg eines Unternehmens, sondern auch das Wohl ihrer Mitarbeiter. Doch während über Fähigkeiten wie Entscheidungsfreude, Teamführung und Problemlösung oft viel gesprochen wird, bleibt ein Aspekt häufig im Schatten: die psychische Gesundheit von Führungskräften. Dabei kann gerade dieser Faktor entscheidend dafür sein, wie effektiv eine Führungskraft arbeitet und wie positiv sie auf ihr Umfeld wirkt.

Psychische Gesundheit im Führungsalltag: Warum ist sie so wichtig?

Eine Führungskraft ist das Herzstück eines Teams oder Unternehmens. Ihre Entscheidungen, ihre Energie und ihr Verhalten haben direkte Auswirkungen auf den Fortschritt Organisation und das Befinden der Mitarbeiter. Doch oft wird vergessen, dass auch Führungskräfte Menschen sind – und damit anfällig für Stress, Erschöpfung und psychische Belastungen. Eine gesunde Führungskraft ist nicht nur leistungsfähiger, sondern auch besser in der Lage empathisch und konstruktiv zu agieren.

Vorbildfunktion

Führungskräfte dienen oft als Vorbilder für ihre Mitarbeiter. Ihr Umgang mit Stress, Herausforderungen und Krisen wird beobachtet und möglicherweise nachgeahmt. Wenn eine Führungskraft offen und gesund mit Stress umgeht, sendet sie eine positive Botschaft an das gesamte Team. Mitarbeiter fühlen sich ermutigt ihre eigenen psychischen Belastungen anzusprechen oder sich Hilfe zu holen, anstatt in der Stille zu leiden. Eine Führungskraft, die auf sich achtet, schafft also eine Unternehmenskultur, die die Gesundheit aller fördert.

Bessere Entscheidungsfähigkeit und Leistung

Psychische Gesundheit ist eng mit der Fähigkeit verbunden klare Entscheidungen zu treffen und Prioritäten zu setzen. Forschungsergebnisse zeigen, dass Menschen, die unter chronischem Stress stehen, oft impulsivere oder risikoreichere Entscheidungen treffen und langfristige Konsequenzen weniger gut abwägen können. Eine psychisch gesunde Führungskraft hingegen behält den Überblick, bleibt ruhig und handelt bedacht – eine Fähigkeit, die in der hektischen Geschäftswelt unerlässlich ist.

Die unsichtbaren Belastungen von Führungskräften

Führungskräfte sind nicht nur für ihre eigenen Aufgaben verantwortlich, sondern auch für das Wohl und die Leistung ihrer Teams. Diese Doppelbelastung führt oft dazu, dass sie sich zwischen widersprüchlichen Erwartungen wiederfinden. Von ihnen wird erwartet stets leistungsstark, innovativ und zugleich einfühlsam zu sein – eine Herausforderung, die leicht zu Überforderung führen kann.

Die „Superman“-Erwartung

Viele Führungskräfte stehen unter dem Eindruck, sie müssten wie Superman funktionieren – immer stark, immer verfügbar und stets perfekt. Dieses Idealbild führt oft dazu, dass sie ihre eigenen Grenzen nicht anerkennen oder über ihre Belastungsgrenze hinaus arbeiten. Doch der Versuch, allen Erwartungen gerecht zu werden, mündet oft in Stress, Burnout und sogar Depressionen.

Der Druck, immer die richtige Entscheidung zu treffen

Jede Entscheidung einer Führungskraft hat potenziell weitreichende Auswirkungen auf das Unternehmen und die Mitarbeiter. Diese Verantwortung erzeugt enormen Druck. Fehler zu machen oder Entscheidungen zu treffen, die zu Problemen führen, kann zu Schuldgefühlen und Selbstzweifeln führen. Eine Führungskraft kann dadurch in einen negativen Kreislauf aus Überforderung und Angst vor dem Scheitern geraten.

Einsamkeit an der Spitze

Die Position einer Führungskraft kann oft auch isolierend wirken. Entscheidungen müssen oft allein getroffen werden und es fehlen möglicherweise gleichwertige Ansprechpartner auf derselben Hierarchieebene, um sich auszutauschen oder Unterstützung zu finden. Diese Isolation kann sich negativ auf die emotionale und mentale Gesundheit auswirken, da die Führungskraft das Gefühl hat, mit ihren Herausforderungen allein zu sein.

Die Folgen mangelnder psychischer Gesundheit bei Führungskräften

Die Vernachlässigung der psychischen Gesundheit hat nicht nur für die Führungskraft selbst Konsequenzen, sondern auch für das gesamte Unternehmen. Stress und psychische Überlastung können die Produktivität, das Arbeitsklima und letztlich den wirtschaftlichen Erfolg beeinträchtigen.

Burnout

Burnout ist ein Zustand der völligen Erschöpfung, der sowohl durch emotionale als auch körperliche Überlastung hervorgerufen wird. Studien zeigen, dass etwa 20 bis 30 Prozent aller Führungskräfte Burnout-Symptome zeigen. Die Folgen sind gravierend: Fehlerhäufigkeit, Abnahme der kreativen Fähigkeiten und sogar der Rückzug aus dem sozialen Umfeld. Im schlimmsten Fall führt Burnout dazu, dass eine Führungskraft ihre Position nicht mehr ausfüllen kann.

Schlechtere Mitarbeiterführung

Eine psychisch belastete Führungskraft hat oft weniger Kapazität, um auf die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter einzugehen. Das kann zu schlechter Kommunikation, zu einem autoritären oder gleichgültigen Führungsstil und letztlich zu sinkender Mitarbeiterzufriedenheit führen. Teams, die unter einer gestressten oder ausgebrannten Führungskraft arbeiten, zeigen häufig eine höhere Fluktuation und geringere Produktivität.

Langfristige Schäden für das Unternehmen

Unternehmen, die die psychische Gesundheit ihrer Führungskräfte ignorieren, setzen sich langfristigen Risiken aus. Eine gestresste Führungskraft kann nicht nur das Betriebsklima negativ beeinflussen, sondern auch zu schlechteren Geschäftsergebnissen und verpassten Chancen führen. Innovationen bleiben auf der Strecke, wenn die Führung die Kreativität und Energie verliert, um neue Ideen zu fördern.

Wie Führungskräfte ihre psychische Gesundheit schützen können

Die gute Nachricht ist: Psychische Gesundheit kann aktiv gepflegt werden! Es gibt eine Reihe von Strategien und Ansätzen, die Führungskräften helfen stressresistenter zu werden und ihre mentale Balance zu wahren:

  • Selbstreflexion und Achtsamkeit: Selbstreflexion ist ein zentrales Element, um die eigene psychische Gesundheit zu erhalten. Führungskräfte sollten sich regelmäßig fragen: „Wie fühle ich mich?“, „Was belastet mich?“ und „Was kann ich ändern?“ Achtsamkeitstechniken, wie Meditation oder Atemübungen helfen dabei den Kopf zu klären, Stress abzubauen und achtsam mit den eigenen Ressourcen umzugehen.
  • Realistische Erwartungen setzen: Führungskräfte müssen lernen ihre eigenen Grenzen anzuerkennen und realistische Erwartungen an sich selbst zu stellen. Perfektionismus kann den Stress nur verstärken. Indem man sich erlaubt auch mal Fehler zu machen und Aufgaben zu delegieren, wird der innere Druck reduziert.
  • Netzwerke und Unterstützung: Es ist wichtig, dass Führungskräfte nicht isoliert sind. Der Austausch mit anderen in ähnlichen Positionen, sei es durch formelle Netzwerke, Mentoren oder informelle Gesprächskreise, kann helfen die eigene Isolation zu durchbrechen. Zudem sollten Führungskräfte in der Lage sein sich rechtzeitig professionelle Unterstützung, etwa durch Coaches oder Therapeuten, zu suchen, wenn die psychische Belastung zu hoch wird.
  • Work-Life-Balance: Die Balance zwischen Arbeitsleben und Privatleben ist ein entscheidender Faktor für die psychische Gesundheit. Führungskräfte sollten sich bewusst Auszeiten gönnen, in denen sie abschalten können. Regelmäßige Bewegung und die Pflege sozialer Beziehungen tragen ebenfalls maßgeblich zur mentalen Regeneration bei.

Die Rolle von Unternehmen: Psychische Gesundheit fördern

Unternehmen tragen eine Mitverantwortung, die psychische Gesundheit ihrer Führungskräfte zu unterstützen. Eine offene Unternehmenskultur, die psychische Belastungen thematisiert und Hilfsangebote bereitstellt, ist dabei entscheidend.

Förderung eines offenen Dialogs: Unternehmen sollten einen offenen Umgang mit dem Thema psychische Gesundheit fördern. Workshops, Trainings und Aufklärungskampagnen können dazu beitragen das Stigma um psychische Erkrankungen zu verringern und Führungskräften sowie Mitarbeitern zu zeigen, dass es in Ordnung ist über ihre Belastungen zu sprechen.

Präventive Programme: Gesundheitsprogramme, die auf die Bedürfnisse von Führungskräften abgestimmt sind, können prophylaktisch wirken. Dies können Coachings, Entspannungsangebote oder regelmäßige Gesundheits-Check-ups sein, die speziell auf die psychische Belastbarkeit abzielen.

Quellenangaben
  • Bernatzeder, P. (2017). Erfolgsfaktor Wohlbefinden am Arbeitsplatz: Praxisleitfaden für das Management psychischer Gesundheit. Springer, Berlin Heidelberg.
  • Riechert, I. (2014). Psychische Störungen bei Mitarbeitern: Ein Leitfaden für Führungskräfte und Personalverantwortliche – von der Prävention bis zur Wiedereingliederung. Springer, Berlin Heidelberg.
  • Roth, W. (2021). Die resiliente Führungskraft: Sich selbst und andere gesund führen. Springer, Berlin Heidelberg.

Kategorien: Burnout Depressionen

Vanessa Graßnickel
Chefärztin, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Vanessa Graßnickel
Dr. med. Vanessa Graßnickel ist eine anerkannte Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. Nach langjähriger Tätigkeit als Oberärztin übernahm sie 2024 die Position als Chefärztin der LIMES Schlossklinik Fürstenhof in Bad Brückenau. Dr. Graßnickel spezialisiert sich auf verhaltenstherapeutisch basierte Behandlungen und Suchtmedizin, fundiert durch ihr Medizinstudium an der Ruhr-Universität Bochum und einer umfangreichen fachärztlichen Ausbildung an der Universitätsklinik für Psychiatrie in Bochum. In ihrer Rolle als Chefärztin verbindet Dr. Graßnickel modernste diagnostische und therapeutische Methoden mit einer empathischen, respektvollen Patientenbetreuung sowie maßgeschneiderten Therapieplänen.

Diesen Beitrag teilen