Toxische Beziehung – Giftige Liebe erkennen und überwinden

In jeder Beziehung zwischen zwei Menschen gibt es Höhen und Tiefen. Der Begriff toxische Beziehung umfasst jedoch mehr als das – in solchen Beziehungen geht es um ungesunde Verhaltensweisen wie Eifersucht, Manipulation oder Misshandlung. Oft merken Betroffene zu Beginn gar nicht, dass sie sich in einer solchen Beziehung befinden und haben anschließend Schwierigkeiten sich aus ihr zu lösen.

Was bedeutet toxisch?

Das Wort toxisch kommt aus dem Griechischen und bedeutet giftig oder schädlich. Der Begriff toxische Beziehung wurde in den 1980er Jahren populär, als die Psychologin Dr. Lillian Glass ihn in ihrem Buch „Toxic People: 10 Ways of Dealing with People Who Make Your Life Miserable“ verwendete. In diesem Buch beschrieb sie verschiedene Arten von giftigen Menschen, einschließlich solcher in romantischen Beziehungen. Seitdem hat sich der Begriff toxisch in Hinblick auf Beziehungen, die durch Machtungleichgewichte, Manipulation, emotionale oder physische Misshandlung, Eifersucht, Besitzergreifung oder andere ungesunde Verhaltensmuster gekennzeichnet sind, stark verbreitet. Es ist jedoch Vorsicht geboten – im Alltag wird inzwischen sehr schnell von einer toxischen Beziehung gesprochen, wenn es zu Unstimmigkeiten kommt. Was diese wirklich kennzeichnet wird im Folgenden näher erläutert.

Was sind die häufigsten Warnsignale?

Toxisches Verhalten kann in verschiedenen Bereichen des Lebens auftreten, einschließlich Freundschaften, romantischer, familiärer und beruflicher Beziehungen. Die häufigsten Warnsignale für eine solche toxische Beziehung sind folgende:

  • Die Kommunikation zwischen den Partnern ist gestört oder unzureichend – es wird nicht über Bedürfnisse, Gefühle und Wünsche gesprochen
  • Es gibt oft eine Person, die versucht, die Kontrolle über die andere zu übernehmen – durch Manipulation wird vehement versucht Meinungen und Entscheidungen durchzusetzen
  • Die Beziehung weist starke emotionale Schwankungen auf – Ausbrüche von Wut, Traurigkeit und anderen starken Emotionen sind nahezu alltäglich
  • Es kommt zu Eifersucht und Besitzdenken – der Beziehungspartner wird versucht zu kontrollieren wenn er mit anderen Menschen interagiert
  • Oft besteht auch ein Mangel an Respekt zwischen den Partnern – es kommt zu Herabsetzung, Kritik und Missbrauch

Wie verlaufen toxische Beziehungen?

Es gibt keine einheitliche Norm wie toxische Beziehungen verlaufen, jede Beziehung ist einzigartig und von den Persönlichkeiten und Umständen der beteiligten Personen beeinflusst. Jedoch kann in vielen toxischen Beziehungen eine ähnliche Verlaufsform festgestellt werden:

  1. Liebevolle Phase: Am Anfang einer toxischen Beziehung gibt oft eine Phase in der beide Partner sehr ineinander verliebt und aufeinander fixiert sind. Die Beziehung ist sehr intensiv und romantisch.
  2. Kontrollphase: Der Partner, der toxisches Verhalten zeigt, versucht die Beziehung zu kontrollieren. Dies kann durch übermäßige Eifersucht, Kontrolle über die Kommunikation, Einschränkungen der sozialen Aktivitäten oder finanzielle Mittel geschehen.
  3. Abwertungsphase: Im Rahmen des toxischen Verhaltens neigt der Partner dazu den anderen abzuwerten und zu kritisieren. Dies kann zu einem geringen Selbstwertgefühl, Schuldgefühlen und Selbstzweifeln bei der betroffenen Person führen.
  4. Eskalationsphase: Wenn die toxische Beziehung fortgesetzt wird, kann die Kontrolle und Kritik des Partners, der toxisches Verhalten zeigt, eskalieren. In einigen Fällen führt dies zu körperlicher Gewalt oder emotionaler Misshandlung.
  5. Trennungsphase: In vielen toxischen Beziehungen kommt es schließlich zu einer Trennung, entweder durch den Wunsch einer oder beider Partner. Ebenfalls kann die Beziehung durch die Notwendigkeit einer Intervention von außen, wie einer Strafverfolgung oder einer therapeutischen Behandlung, beendet werden.

Es ist nochmal wichtig zu erwähnen, dass nicht alle toxischen Beziehungen diese Phasen durchlaufen. Einige solcher Beziehungen können schnell eskalieren, während andere langsam eine schädliche Dynamik entwickeln. Darüber hinaus kann auch nicht nur ein Partner toxisches Verhalten zeigen, es ist zwar wesentlich seltener, jedoch trotzdem möglich, dass beide Partner toxisch handeln und sich damit gegenseitig in ihrem Verhalten verstärken.

Weitreichende Folgen

Toxische Beziehungen können schwerwiegende Auswirkungen auf die psychische und physische Gesundheit haben, vor allem wenn sie über einen längeren Zeitraum hinweg bestehen. Ein dauerhaft hohes Stresslevel kann somit unter anderem zu Schlafstörungen, Kopfschmerzen und Magen-Darm-Problemen führen. Auch das Selbstwertgefühl der Betroffenen leidet. In schlimmen Fällen kommt es sogar zu Angstzuständen, Panikattacken und Depressionen.

Den Ausstieg aus einer toxischen Beziehung schaffen

Das Verlassen einer toxischen Beziehung kann sehr schwierig sein, da die betroffene Person oft emotional und/oder wirtschaftlich abhängig von ihrem Partner ist und möglicherweise Angst vor den Konsequenzen hat. Es gibt jedoch immer Schritte, die ergriffen werden können, um sich aus einer toxischen Beziehung zu befreien. Hier sind einige Empfehlungen:

  • Mit einer vertrauenswürdigen Person sprechen, die unterstützen und helfen kann einen Plan zu entwickeln, um aus der Beziehung herauszukommen.
  • Sich über Rechte und Optionen informieren, einschließlich der Schritte, die unternommen werden können, um sich selbst zu schützen, wie zum Beispiel eine einstweilige Verfügung.
  • Einen Sicherheitsplan erstellen falls im Notfall schnell gehandelt werden muss.
  • Professionelle Hilfe bei einem Therapeuten, Berater oder Anwalt suchen um Unterstützung und Beratung zu erhalten.
  • Bei akuter Bedrohung sofort die Polizei oder eine Notrufnummer anrufen.
  • Es ist wichtig sich nicht dafür zu verurteilen, dass die Beziehung nicht früher beendet wurde bzw. nicht früher Konsequenzen gezogen wurden.

Der Prozess des Ausstiegs aus einer toxischen Beziehung kann viel Zeit und Anstrengung erfordern. Es ist wichtig, dass klare Grenzen gezogen werden und gegebenenfalls sogar komplett der Kontakt abgebrochen wird. Solche Schritte gelingen auch immer leichter, umso früher toxische Verhaltensweisen erkannt werden.

Quellenangaben
  • Felber, Annika: Du tust mir nicht gut! Toxische Beziehungen erkennen und sich aus ihnen lösen. Paderborn, 2022.
  • Spektrum Psychologie – Was Beziehungen toxisch macht. Spektrum der Wissenschaft (2022), Band 4.
Vanessa Graßnickel
Chefärztin, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Vanessa Graßnickel
Dr. med. Vanessa Graßnickel ist eine anerkannte Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. Nach langjähriger Tätigkeit als Oberärztin übernahm sie 2024 die Position als Chefärztin der LIMES Schlossklinik Fürstenhof in Bad Brückenau. Dr. Graßnickel spezialisiert sich auf verhaltenstherapeutisch basierte Behandlungen und Suchtmedizin, fundiert durch ihr Medizinstudium an der Ruhr-Universität Bochum und einer umfangreichen fachärztlichen Ausbildung an der Universitätsklinik für Psychiatrie in Bochum. In ihrer Rolle als Chefärztin verbindet Dr. Graßnickel modernste diagnostische und therapeutische Methoden mit einer empathischen, respektvollen Patientenbetreuung sowie maßgeschneiderten Therapieplänen.

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